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s heißt, Drogensucht ist eine Krankheit, die man nicht heilen kann. Das klingt entmutigend, ist es aber nicht. Betroffenen ist es möglich, ein drogenfreies Leben zu führen. Sie müssen allerdings aufpassen, nicht in alte Verhaltensmuster zu fallen und erneut Rauschgift zu konsumieren. Eigentlich sollte das doch leicht sein, oder? Was ist daran so schwer, ein Leben lang auf Alkohol oder die Pfeife Crack zu verzichten? Wer nie süchtig war, wird dies kaum verstehen. Deswegen ist es überaus hilfreich, wenn Ex-Drogensüchtige sich um Abstinenzler kümmern. Sie kennen die Probleme, die Hürden und das Verlangen. Tasten wir uns einmal an diese Welt heran!

Ein Schritt nach dem anderen

Ob Alkohol, Kokain, Heroin oder eine andere Droge: Von der Drogensucht loszukommen, ist kein Spaziergang im Park und wirklich nicht einfach. Das liegt an der psychischen und meistens auch körperlichen Abhängigkeit, die der Betroffene entwickelt hat. Als erster Schritt steht daher der Entzug an, der bei einigen Drogen zwingend unter ärztlicher Betreuung erfolgen sollte. Ansonsten besteht akute Lebensgefahr.

Beim "klassischen Entzug", der von den Krankenkassen bezahlt und in Kliniken praktiziert wird, kann der Arzt während des Entzugs dem Betroffenen Medikamente wie Diazepam geben, die die Entzugserscheinungen lindern.

Selbstverständlich darf die Diazepameinnahme dann nicht zur Regel werden, denn Benzodiazepine eignen sich nur für die kurzfristige Einnahme, da sie süchtig machen.

Ein Entzug ohne Ersatzdrogen, so wie es z. B. im Narconon Programm (Narconon = no narcotics = keine Drogen) angeboten wird, wäre wohl der optimale Weg. Dort erhält der Betroffene, ebenfalls unter ärztlicher Aufsicht, rund um die Uhr intensive persönliche Betreuung durch das Personal, bis er die schlimmsten Entzugserscheinungen hinter sich hat. Leider wurden in den deutschsprachigen Ländern die Narconon Einrichtungen durch die klassische Medizin verdrängt. Es liegt die Vermutung nahe, dass diese Art intensiver Versorgung ohne den Einsatz von Ersatzdrogen, dem fest etablierten Industriezweig der Pharmaunternehmen ein Dorn im Auge ist. Die nächste Narconon Einrichtung für drogenfreien Entzug findet man hier, Narconon Europa.

Der körperliche Entzug ist jedoch nur ein Schritt raus aus dem Drogenmissbrauch. Um tatsächlich den Drogen fernzubleiben und diese nicht nur durch eine andere Sucht zu ersetzen, ist eine psychologische Aufarbeitung und Neuausrichtung des Lebens erforderlich. Grundregel Nr. 1 daher lautet: Nicht alles auf einmal wollen. Einen Schritt nach dem anderen nehmen. Einen Tag nach dem anderen.

Wie sieht eine sinnvolle Suchtnachsorge aus?

Mit Drogen gleichen Menschen ein Defizit aus. Um was es sich dabei handelt, ist unterschiedlich. Der eine trinkt jeden Abend eine Flasche Wein, um sich von der nervenaufreibenden Arbeit zu entspannen. Ein anderer nimmt am Wochenende regelmäßig Kokain und trinkt dazu ein paar Gläser Wodka, um ohne Schüchternheit Party machen zu können. Der nächste ist nach der Einnahme von starken Schmerzmitteln, die ihm der Arzt nach einem Autounfall verschrieben hatte, abhängig geworden. Noch lange nach dem Unfall greift er zu den Tabletten, weil sie das Leben leichter erscheinen lassen.

Exakt bei diesen Defiziten gilt es anzusetzen, um sich von der Drogensucht zu befreien.

Nur wenn ich meinen eigenen, individuellen Grund dafür identifizieren kann, habe ich die Chance, einen Rückfall in die Drogensucht zu verhindern. Eine umfangreiche Änderung der Persönlichkeit und oft des persönlichen Umfeldes ist daher unerlässlich, um eine sinnvolle Suchtnachsorge anzugehen. Weitere Standpfeiler einer Nachsorge bei Suchtkranken sind:

  • drogenfreie Freunde finden
  • neue soziale Kompetenzen aufbauen und festigen
  • Integration der neuen Verhaltensweisen und Problemlösungskompetenzen in den Alltag
  • Wiedererlangung der Selbstachtung und Versöhnung mit sich selbst
  • wenn möglich: zurück in den Arbeitsmarkt oder gemeinnützige Tätigkeit ausüben
  • Notfallkontakte bereithalten (Ärzte, Therapeuten, ehemalige Suchtkranke, Selbsthilfegruppe)

Die Nachsorge ist somit umfangreich und erfordert viel persönliche Arbeit, die wegbereitend für ein gesünderes, glücklicheres Leben ist. Froh kann der sein, der ausreichend Unterstützung aus seinem Umfeld erhält. Wichtig ist nämlich, dass das Umfeld den Drogensüchtigen nicht fortlaufend verurteilt, sondern konsequent in seinem Vorhaben unterstützt, vom Drogenmissbrauch wegzukommen.

Eine körperliche Hürde: das Suchtgedächtnis

Ein Entzug beseitigt noch lange nicht das Suchtgedächtnis. Wer länger und oft Suchtmittel konsumiert hat, bildetet dieses ganz automatisch aus. Die Gehirnstrukturen verändern sich und bilden verstärkt Rezeptoren, welche positiv auf den Suchtstoff ansprechen und dann das Glückshormon Dopamin aktivieren. Ein angenehmes Gefühl kommt hoch, was das Suchtgedächtnis abspeichert. Lässt die Droge nach, folgt ein Tief - je nach Droge ein so niederschmetterndes Tief, dass das Verlangen nach dem Suchtmittel enorm ist. Ärzte nennen dies auch Suchtdruck oder Craving (= heftiges Verlangen).

Beispiel Alkoholkranker: Ein stark ausgeprägtes Suchtgedächtnis reagiert nicht nur auf den Alkohol an sich, sondern auch auf Umweltreize. Hierzu gehört beispielsweise das Geräusch eines aufspringenden Kronkorkens, der sofort ein Verlangen nach einem Glas Bier auslöst. Der Pawlowsche Hund lässt grüßen!

Unserem Gehirn müssen wir uns allerdings nicht hilflos ergeben. Wir sind immer noch Herr über jene Entscheidung, ob wir auf den ersten Reiz ansprechen oder ganz bewusst handeln. Niemand ist seinem Suchtgedächtnis ausgeliefert, allerdings macht es einem schwerer, abstinent zu bleiben.

Suchtnachsorge: konkrete Tipps gegen den Rückfall bei Drogensucht

Tipp 1: Familie und echte Freunde mit einbeziehen

Bei der Suchtnachsorge ist es wichtig, enge Vertraute zu haben, die selbst keine Drogen nehmen. Sie dienen als Stütze und als Zuhörer in schwierigen Momenten. Dazu gehört auch, sich mit ihnen über Ängste und Empfindungen auszutauschen.

Tipp 2: Spaß am Leben spüren

Bei einer schweren Drogensucht richtet sich alles nur noch auf die Befriedigung der Suchtmittel aus. Diese „Lücke“ muss nun anders gefüllt werden. Womit, hängt allein von der Person ab. Gartenarbeit, Wandern, Musizieren und Sport sind beispielsweise hilfreiche Tätigkeiten, da sie Geist und Körper einschließen.

Tipp 3: Neues Selbstbewusstsein aufbauen

Ein neues Selbstbewusstsein mit einem stabilen Fundament entsteht nicht von heute auf morgen. Das ist klar. Es ist aber möglich, Stück für Stück daran zu arbeiten. Dazu gehört, Versprechungen sich und anderen gegenüber einzuhalten, Anerkennung aus Tätigkeiten zu erhalten und sich nicht wegen jedem kleinen Fehler zu zermartern.

Tipp 4: Gefahren nicht unterschätzen

Gründe für einen Rückfall gibt es viele. Oft liegen sie in einer Unterschätzung der Gefahren. So wechselt ein Ex-Heroin-Junkie auf das vermeintlich ungefährlichere Kokain oder ein Alkoholiker glaubt, er könnte langfristig seinen Alkoholkonsum „kontrollieren“ indem er nur ein Glas trinkt. Das kann verheerende Konsequenzen haben und zu einer erneuten Drogensucht führen. Besser ist es zu 100 % abstinent zu bleiben und nicht nur ein bisschen, denn „ein bisschen“ drogensüchtig gibt es nicht.

Tipp 5: Gewappnet für den Notfall

Langeweile, Schmerzen, Schicksalsschläge, Verzweiflung, Depressionen – all dies sind typische Auslöser, erneut den Rauschmitteln zu verfallen. Um nicht in diese Falle, mit all seinen Auswirkungen für den Körper, den Geist und das Umfeld nicht zu tappen, ist es wichtig, Achtsamkeit zu pflegen und Gefühle identifizieren zu können. Warum fühle ich mich so, wie ich mich fühle? Was macht dieses Ereignis mit mir? Es ist unerlässlich, für schwierige Momente im Leben einen Notfallplan zu haben. Dieser zeigt auf, welche alternativen Handlungswege es gibt – anstatt der Drogen. Bei Langeweile kann es beispielsweise Sport sein. Wer verzweifelt ist, ruft Freunde oder Familie an. Generell hilft in dieser Zeit Ablenkung. Wenn man sich stabiler fühlt, kann man sich mit dem Problem auseinandersetzen. Welche Maßnahmen man im Notfall konkret ergreift, lässt sich im Vorfeld festlegen und idealerweise auch aufschreiben.

Der Rückfall: nicht alle Fortschritte sind verloren

Ein Rückfall in die Drogensucht ist eine frustrierende und entmutigende Erfahrung, sowohl für die Person als auch für ihr soziales Umfeld. Selbst wenn man bereits einen Entzug oder eine Entgiftung durchgemacht und bereits einen längeren Zeitraum ohne Drogenkonsum gelebt hat, kann so ein Rückfall eintreten.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Rückfälle normalerweise auf bestimmte Auslöser zurückzuführen sind, wie zum Beispiel Stress, Angst, Langeweile oder Versuchungen aus der Umgebung.

Es ist hilfreich, diese Auslöser zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um mit ihnen umzugehen.

Eine der wichtigsten Schritte nach einem Rückfall ist, sich nicht aufzugeben und sich Unterstützung zu suchen. Dies kann bedeuten, einen Therapeuten oder Berater aufzusuchen, sich an eine Selbsthilfegruppe zu wenden oder Freunde und Familie um Hilfe zu bitten.

Weitere Quellen:

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Photo by Jon Flobrant on Unsplash

Publiziert am
Apr 30, 2023
 in Kategorie:
Maßnahmen

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